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Kreativität
Kreativität

Sind westliche Menschen kreativer als Menschen in östlichen Kulturen?

Wenn man das mit einer üblichen Skala wie der «Gough Creative Person Scale» misst, dann kommt genau das heraus: Westliche Menschen (in unserem Fall Studierende aus der Schweiz) erhalten deutlich höhere Werte als östliche (Studierende aus China und Korea).

Wir haben gezeigt, dass das so nicht stimmt.

Gough’s Skala hat zwei grosse Probleme:

  1. ein kulturelles
  2. ein mathematisches

Doch zuerst einmal:

Wie funktioniert die Skala?

Die Gough-Skala besteht aus einer Liste von 30 Adjektiven. Man kreuzt einfach an, welche man für sich als zutreffend empfindet, zum Beispiel: ernsthaft, findig, originell, engstirnig, individualistisch.

Dann werden Punkte vergeben. Plus ein Punkt für alle Adjektive, die auf Kreativität hindeuten, wie «originell». Dann minus ein Punkt für alle Adjektive, die auf mangelnde Kreativität hindeuten, wie «engstirnig». Da es mehr Adjektive in der ersten Kategorie hat, bleibt in der Regel ein positiver Wert, und je höher dieser ist, desto kreativer ist man. Laut Gough.

Was ist das kulturelle Problem?

Verschiedene Kulturen unterscheiden sich darin, was sie als eine kreative Person ansehen. Bei Gough deuten zum Beispiel auch Adjektive wie «sexy» oder «egoistisch» auf eine kreative Persönlichkeit, was ich jetzt eher nicht nachvollziehen kann (und unsere Proband*innen auch nicht).

Umgekehrt ist es in China und Korea absolut nicht mit Kreativität assoziiert, wenn jemand individualistisch ist.

Das heisst: Ein Stück weit misst die Skala einfach, was wir uns unter «Kreativität» vorstellen und kommt zum Schluss, dass Menschen weniger kreativ sind, die einen anderen Blick auf Kreativität haben.

Was ist das mathematische Problem?

Da es mehr positive als negative Adjektive gibt, erhält man automatisch eine höhere Punktzahl, wenn man einfach mehr Adjektive ankreuzt, auch wenn das Verhältnis von «kreativen» zu «unkreativen» Adjektiven insgesamt gleich bleibt.

Das tönt erstmal nach einem einfachen mathematischen Umstand, den man auch wieder herausrechnen kann. Wir haben das auf mehrere Arten versucht und sind gescheitert – egal was man macht, um das loszuwerden, man handelt sich damit einfach die nächste Verzerrung ein. Am Ende ist die Kreativität dann abhängig von der Berechnungsmethode, und kulturelle Unterschiede sind mal grösser und mal kleiner, je nach dem, wie man rechnet.

Was heisst das?

Kreativität ist eine Grundbedingung des menschlichen Daseins. Es ist auch etwas, in dem man gerne glänzen würde, sowohl individuell als auch als Kultur.

Wir haben gezeigt, dass man nicht so einfach sagen kann, was Kreativität überhaupt ist. Wir haben auch gezeigt, dass eines der gängigesten Instrumente, um Kreativität zu messen, vor allem misst, wie gerne man Adjektive ankreuzt.

Literatur:

Lüscher, R., Barthelmess, P. Y.‐Z., Kim, S.‐Y., Richter, U. H., & Mittag, M. (2019). Conceptualizing creativity: General and cultural biases in Gough’s Creative Personality Scale. The Journal of Creative Behavior, 53(1), 30–43. https://doi.org/10.1002/jocb.160






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